Kommentar zur Novellierung des ThürKitaG

Es handelt sich bei diesem Text um die leicht abgeänderte Version des Diskussionsbeitrages, den ich am 13.08.2017 im Diskussionsform des Thüringer Landtages eingestellt habe. Das Forum ist aktuell (17.08.17) nicht öffentlich einsehbar, so dass ich den Text hier zur Verfügung stelle.

Entwicklungsrisiken für Thüringer Kinder

In den „Informationen zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz über die Neuregelung der Kindertagesbetreuung“ werden Entlastungen bzw. Verbesserungen für Eltern von Vorschülern, für die Kita-Leitung sowie für den Elternbeirat benannt. Bereits hier offenbart sich ein gewichtiger Anlass für Kritik: Es sind keinerlei Verbesserungen der tatsächlichen Betreuungssituation unserer Kinder im Kita-Alltag vorgesehen.

Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK, gültige Rechtsnorm in Deutschland), fordert in Art. 3 Abs.1: „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ Im Art. 24 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta wird ebenso festgelegt „(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“

Die tägliche Betreuungsrealität in Thüringer Kitas geht zum Teil mit erheblichen Entwicklungsrisiken für unsere Kinder einher, so dass gerade hier dringender Handlungsbedarf besteht. Dieses Postulat kann ohne Weiteres fachlich fundiert untermauert werden und ich gehe im Weiteren auch exemplarisch auf einzelne Aspekte hierzu ein.

Vor dem Hintergrund des oben genannten gültigen Rechts der UN-KRK und der Realität in den Thüringer Kitas halte ich den vorliegenden Gesetzesentwurf für inakzeptabel.

Expertenkonsens über maßgebliche Qualitätsfaktoren und Entwicklungsrisiken

Aufgrund der in Thüringen derzeit gesetzlich festgelegten Rahmenbedingungen (Strukturqualität) kann z.B. systembedingt der wichtigste Qualitätsfaktor nur unzureichend in der Praxis umgesetzt werden. Es handelt sich dabei um eine an den Grundbedürfnissen des Kindes orientierte Beziehungsgestaltung. Im Falle einer ungünstigen Beziehungsgestaltung kann diese leicht selbst zu einem bedeutsamen Risikofaktor für die kindliche Entwicklung werden.
Unter den gegebenen Bedingungen werden selbst hoch motivierte, engagierte und sehr gut ausgebildete Fachkräfte kaum die geforderte Qualität von Beziehungsgestaltung in der notwendigen Kontinuität und für die Menge der ihnen anvertrauten Kinder leisten können (vgl. „Wache Säuglinge und Kinder in den ersten beiden Lebensjahren beanspruchen 40 % der Betreuungskapazität einer erwachsenen Bezugsperson, Kinder im dritten Lebensjahr 25 % und Kinder im vierten bis sechsten Lebensjahr 20 %.“ Quelle: GAIMH-Empfehlungen, „Ein Platz allein genügt nicht – Beste Qualität für Kleinkinder…“, Seite 20) Hinzu kommt all zu oft die Inkaufnahme eigener gesundheitlicher Gefährdung, da Fachkräfte die Mangelsituation durchaus wahrnehmen und oft fortwährend auszugleichen versuchen (Burnout etc.).

Thüringen ist also vergleichsweise schlecht aufgestellt, wenn man sich exemplarisch den Einflussfaktor Fachkraft-Kind-Relation in der gelebten Praxis anschaut. Ich vergleiche dabei nicht wie oft üblich mit denjenigen ostdeutschen Bundesländern, die noch schlechter aufgestellt sind und blende Westdeutschland aus, sondern vergleiche mit den empfohlenen Mindeststandards für gute Qualität – im Übrigen der einzig zulässige Vergleich wie ich meine (Quellen: NUBBEK, Bertelsmann; Deutsche Liga für das Kind usw.).

Tatsächlich gibt es einen breiten Konsens unter Experten über Qualitätsstandards, die nicht unterschritten werden dürfen. Die sogenannte Strukturqualität ist hierbei eine zwingende VOR-Bedingung guter Betreuung. Am Ende trägt diese maßgeblich dazu bei, dass Entwicklungs- und Bildungschancen erhöht und Risiken gemindert werden können. Natürlich würde mit einer verbesserten Fachkraft-Kind-Relation die Qualität nicht überall automatisch besser. Den entschiedenen Willen zu mehr und gut ausgebildetem Personal sowie dem Kindesalter angemessenen Gruppengrößen im Gesetz zu verankern, würde aber bereits einen Raum für Hoffnung, Entwicklungspotenzial und die prinzipielle Erreichbarkeit von guter Qualität in Kitas eröffnen. Eine Gesetzesnovellierung muss sich somit konsequent an den maßgeblichen Faktoren für Betreuungsqualität orientieren, will man die Schlagworte Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit für Thüringens Familienpolitik beanspruchen.

Um meine Darstellungen für eine möglichst breite Leserschaft glaubhaft zu untermauern, verweise ich für einen Überblick zum Thema Betreuungsqualität auf das Positionspapier der Deutschen Liga für das Kind „Gute Qualität in Krippe und Kindertagespflege“ Hier werden explizit die besonders sensiblen und bedeutsamsten ersten Lebensjahre thematisiert. Dieser Expertenkonsens wird von über 40 (!) renommierten und namhaften deutschsprachigen Experten unterstützt. Zitat aus dem Positionspapier: „Krippen und Kindertagespflegestellen allerdings, die anerkannten Mindestanforderungen an Qualität nicht genügen, können für die dort betreuten Kinder ein erhebliches Entwicklungsrisiko darstellen.“. Die Mindestanforderungen hinsichtlich Personalausstattung und Gruppengröße für Kinder bis zum 3. Geburtstag finden Sie unter B: Strukturqualität. Kein anderes Orientierungspapier findet meinem Kenntnisstand nach eine solch breite Zustimmung und stellt die Qualitätsfaktoren so gut im Überblick dar.

2-3jährige Kinder

Um auf ein bedeutsames Problem im vorliegenden Gesetzesentwurf einzugehen, möchte ich aus §16 Personalausstattung (5) zitieren:

„Sofern es die psychische, physische und geistige Entwicklung eines Kindes in der Altersgruppe vom vollendeten zweiten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres erlaubt, kann seine Betreuung mit Zustimmung der Eltern in einer altersgemischten Gruppe von Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt erfolgen.“

Ein ganz ähnlicher Absatz findet sich in der derzeit gültigen Kita-Verordnung (Zitat siehe weiter unten).

Beispielsweise sieht die Realität der 2jährigen Erfurter Kinder aufgrund dessen aktuell so aus, dass vermutlich über 95% der Kinder ab dem 2. Geburtstag in Gruppen betreut werden, die eigentlich für 3jährige Kinder bis zum Schuleintritt konzipiert sind (Kindergarten statt Krippe/Tagespflege). Hierdurch wird auf der einen Seite der gesetzlich festgelegte Personalschlüssel für Kinder zwischen 2-3 Jahren systembedingt unterlaufen. Auf der anderen Seite gibt es in der Praxis keinerlei überprüfbare Kriterien anhand derer die psychische, physische und geistige Entwicklung der 2jährigen Kinder eingeschätzt wird. Vielmehr werden durch die gängige Praxis Kinder ab dem 2. Geburtstag automatisch (Vergabe der Kita-Plätze) in Gruppen für Kinder ab eigentlich 3 Jahren überführt. Dies halte ich aus entwicklungspsychologischer Perspektive für skandalös, da diese Praxis allen Empfehlungen und Erkenntnissen zur Frühen Kindheit widerspricht (z.B.: GAIMH-Empfehlungen).
Ich möchte diese Einschätzung durch ein Experten-Statement untermauern. Im Jahr 2016 habe ich zu diesem Passus der Thüringer Kita-Verordnung eine Emailkorrespondenz mit dem renommierten Hirnforscher, Psychiater, Psychotherapeut und Bestsellerautor Prof. Dr. med. Joachim Bauer geführt, die ich Ihnen auch aufgrund seiner Ausführungen zu Kindern unter 2,5 Jahren hier bereitstellen möchte:

>> Sehr geehrte Frau Weismantel, besten Dank für Ihre Zeilen.

Die Zeit nach dem zweiten Geburtstag und vor Vollendung des dritten Lebensjahres ist eine Übergangszeit: Die Kinder sind hier zwar kleingruppenfähig, brauchen aber nach wie vor zwingend immer wieder eine dyadische* erklärende Ansprache. [*meint 1zu1-Interaktion]

Dem Gesetzestext [Thüringer Kita-Gesetz:]

„In der Regel sind altershomogene Kleinkindgruppen vom ersten Lebensjahr bis zu drei Jahren unter Einsatz der jeweils geltenden Personalschlüssel nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ThürKitaG zu bilden, um eine besondere und intensive Betreuung für die Kinder dieser Altersgruppe zu gewährleisten.“

kann ich so nicht zustimmen. Kinder unter 18 Monaten sind definitiv nicht „Kleinkindgruppen“-fähig. Zwischen dem 18. und 36. Monat kommt es m. E. sehr stark darauf an, dass 1. die Gruppen nicht zu groß sind (maximal 4-6) und dass 2. der Personalschlüssel so gestaltet ist, dass viel dyadisch interagiert werden kann.

„Sofern es der psychische, physische und geistige Entwicklungsstand eines Kindes in der Altersgruppe von zwei bis drei Jahren erlaubt, kann seine Betreuung in einer altersgemischten Gruppe von Drei- bis Sechsjährigen erfolgen.“ (aus der Kita-Verordnung)

würde ich zustimmen, wenn Kinder zwischen 24 und 36 Monaten gemeint sein sollten und wenn die Gruppen nicht zu groß sind (siehe oben). Etwa die Hälfte der Kinder werden den geforderten „psychischen, physischen und geistigen Entwicklungsstand“ allerdings in diesem Alter noch nicht haben.

Ich teile Ihre Sorgen.<<

 Zusammenfassung und Empfehlungen

Zusammenfassend möchte ich noch einmal betonen, dass wir in Thüringen alleine schon aufgrund der ungünstigen Fachkraft-Kind-Relationen und der ungünstigen Gruppenkonstellationen keine ausreichende Kita-Qualität nach wissenschaftlichem Stand der Forschung erwarten können. Aufgrund des Fachkräftemangels werden wir eine baldige Entspannung der Lage kaum erreichen können. Auch steht es gerade aufgrund der geltenden UN-Kinderrechtskonvention außer Frage, dass die Mängel der Betreuungspraxis im Rahmen der Gesetzesnovellierung ernsthaft in Angriff genommen werden müssen. Eine mögliche Vorgehensweise wäre es, die anerkannten Mindestanforderungen an Qualität im Gesetz als Zielvorgaben zu formulieren und der Wille zu einer Annäherung an dieselben glaubhaft und mit konkret dazu dienenden Maßnahmen zu dokumentieren.

Weiterhin darf die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Entwicklungsrisiken für unsere Kinder nicht weiter unter den Tisch fallen und muss Eingang in die öffentliche Diskussion finden. Hier sehe ich alle Akteure in der Informationspflicht. Die Verantwortung für Erziehung und Schutz des Kindes vor Gefahren und Risiken weist das Grundgesetz den Eltern zu. Auch der vorliegende Gesetzesentwurf nimmt Eltern mehr in die Pflicht (z.B. notwendige Zustimmung der Eltern zur Betreuung von 2jährigen in Kindergartengruppen für Kinder ab 3 Jahren). Aus diesem im Grundgesetz verankerten Erziehungsprimat leitet sich m.E. ab, dass Eltern alle die Betreuung ihres Kindes betreffenden, notwendigen Informationen auch erhalten müssen, um ihrer Pflicht der elterlichen Verantwortung nachkommen zu können. Nur so können Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten und im Sinne des Kindeswohls für ihr Kind entscheiden und ggf. darüber hinaus aktiv werden.

Glaubt man bezüglich der 2-3jährigen Kinder Herrn Prof. Bauers Einschätzung, die sich auf den aktuellen Status Quo der Forschung stützt, setzen wir aktuell ca. 50% dieser in Kindergartengruppen betreuten 2jährigen Thüringer Kinder erheblichen Entwicklungsrisiken aus. Dieser unverantwortliche Missstand darf keinesfalls wie angedacht im §16, Abs. (5) verankert werden. Sollte dies doch so geschehen, plädiere ich für die dringende Einführung einer standardmäßigen Überprüfung des individuellen kindlichen Entwicklungsstandes durch dafür qualifizierte Fachkräfte, welche diesen auch dokumentieren und eine angemessene Risikoaufklärung mit den Eltern durchführen.

Die gesetzliche Verankerung eines elterlichen Anspruchs auf fachlich fundierte und adäquate Risikoaufklärung über außerfamiliäre Betreuung wäre nicht nur vor dem Hintergrund des Grundgesetzes und der UN-KRK ethisch verantwortungsvoll, sondern auch vorbildliche und zukunftsweisende Familienpolitik.

Anke Weismantel
Psychologin, Kita-Referentin
Erfurt

 

Bitte unterstützen Sie die Petition zur „Verbesserung des Personalschlüssels in Thüringer Kitas„. Für das Parlament kann das ein entscheidender Impuls sein, um wichtige Grundvoraussetzungen für gute Betreuungsqualität doch noch in das ThürKitaG aufzunehmen.

 

Kindgerechte Kita-Qualität

Kurzmitteilung

Der hier bereitgestellte Text ist eine Zusammenstellung von Expertenmeinungen und eine Zusammenschau der aktuellen Forschungsliteratur zur Betreuung von Kindern unter 3 Jahren. Er soll zur ersten ausführlicheren Information dienen und einige der dringlichsten Gründe für die Notwendigkeit zum sofortigen gemeinsamen Handeln für das Wohl unsere Kinder aus verschiedenen fundierten Quellen zusammentragen.

Um die Gültigkeit der Ausführungen zu untermauern, habe ich mich hier bewusst für die Zusammenstellung mehrere Quellen entschieden. Ich möchte nach und nach dem Anspruch genügen, die aktuell verfügbaren Forschungsliteratur hier in Form von Experten-Zitaten abzubilden. Diese Sammlung befindet sich also im Entstehungsprozess und wird stetig erweitert. Eine interdisziplinäre Literaturrecherche des Österreichischen Instituts für Familienforschung der Universität Wien zum Thema „Kindgerechte außerfamiliale Kinderbetreuung für unter 3-Jährige“ (KaKU3) aus dem Jahr 2009, bildet dabei den Ausgangspunkt für Ergänzungen aus weiteren leicht zugänglichen und damit nachvollziehbaren Quellen.

Einleitend einige Worte zur Einordnung des Themas in einen größeren Zusammenhang.

„Die außerfamiliale Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist nach wie vor Gegenstand heftiger, zumeist ideologisch gefärbter Debatten. Dabei wird nicht selten Halbwissen auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschungsergebnisse verhältnismäßig unreflektiert zur Untermauerung des jeweiligen Standpunktes herangezogen, der sich zumeist auf eine strikte Ablehnung oder eine uneingeschränkte Befürwortung außerfamilialer Betreuungsarrangements beschränkt. Faktum ist jedoch, dass die Forschungsliteratur keine prinzipiellen Aussagen darüber zulässt, ob frühe außerfamiliale Kinderbetreuung mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist oder nicht, sondern dass die Ausgestaltung derselben das entscheidende Kriterium darstellt.“
Quelle: KaKU3

Ob eine außerfamiliäre Betreuung mit dem Kindeswohl vereinbar ist oder gar ein Entwicklungsrisiko darstellt, darüber entscheidet somit die Qualität der Betreuung.

Das Verständnis von Qualität in Kindertageseinrichtungen muss sich vom Kind und seinen entwicklungsspezifischen Bedürfnissen her ableiten (z.B. Bensel/Haug-Schnabel 2008). Damit sind sowohl die physischen Grundbedürfnisse nach Schutz vor Kälte und Hitze, nach Nahrung, nach Sauberkeit und körperlicher Unversehrtheit als auch die psychischen Grundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenz- und Autonomieerleben gemeint.“

Quelle: Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll, Staatsinstitut für Frühpädagogik: „ Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung zur Verbesserung des Ausbaus und der Qualität der Kindertagesstätten im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages“, am 10. November 2014

Im Folgenden möchte ich auf zwei den oben zitierten Qualitätsbereichen zugrunde liegende Aspekte beispielhaft eingehen. Diese einfach zu bestimmenden und somit harten Vorbedingungen von Qualität sind der Fachkraft-Kind-Schlüssel und die Gruppengröße: „Ein günstigerer Personalschlüssel führt zu besserer pädagogischer Qualität in Kinderkrippen“ (NUBBEK-Studie, Tietze et al. 2013).

Fachkraft-Kind-Schlüssel und Gruppengröße

Was sagen also anerkannte Experten zu diesen beiden Kriterien von Kita-Qualität, welche u.a. zur Beantwortung der Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl herangezogen werden? Zu den folgenden Ausführungen möchte ich betonen, dass es sich hierbei um Mindestforderung der jeweiligen Experten handelt.

Dr. med. Karl-Heinz Brisch, Kinderpsychiater und Bindungsforscher plädiert für einen Fachkraft-Kind-Schlüssel von 1:3 Kindern im Krippenalter (0-3Jahre).

Quelle: Bindung und Trauma: Risiken und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Kindern
weitere Buchempfehlung: Kindergartenalter: Karl Heinz Brisch Bindungspsychotherapie – Bindungsbasierte Beratung und Therapie   

Prof. Remo Largo, Österreichischer Kinderarzt und Entwicklungsforscher empfiehlt für die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren eine Gruppengröße von höchstens 8 Kindern. Sind die Kinder unter 1,5 Jahre alt, spricht er von einem Fachkraft-Kind-Schlüssel der bei 1:3 liegen soll, bei Kindern zwischen 1,5 – 3 Jahren lautet seine Empfehlung 1:4.

Quelle: Glückliche Scheidungskinder: Trennungen und wie Kinder damit fertig werden
Bestseller von Remo Largo: Babyjahre: Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren

Prof. Dr. phil. Éva Hédervári-Heller sowie Frau Dr. rer. nat. habil. Gabriele Haug-Schnabel äußern sich u.a. zur Gruppengröße und geben eine Höchstzahl von 8 Kindern bei einer reinen Kleinkindgruppe an. Bei altersgemischten Gruppen sprechen Sie von maximal 15 Kindern als Qualitätskriterium.

Prof. Jörg Maywald, „Deutsche Liga für das Kind“ empfiehlt für Gruppen von 2-3jährigen Kindern eine Gruppengröße von 5-8 Kindern. Ein günstiger Fachkraft-Kind-Schüssel liegt nach Prof. Maywald bei 1:3 für Kinder bis zum 2. Geburtstag. Für Kinder zwischen 2-3 Jahren sieht er einen Schlüssel von 1:5 als vertretbar an.

Quellen: Krippen: Wie frühe Betreuung gelingt: Fundierter Rat zu einem umstrittenen Thema und Flexible Betreuung von Unterdreijährigen im Kontext von Geborgenheit, Kontinuität und Zugehörigkeit

Einschätzungen des Staatsinstituts für Frühpädagogik: „(..) Zweijährige reagieren mit einer anhaltend erhöhten und damit entwicklungs-gefährdenden Stressbelastung auf:

  • zu große Gruppen (über 15 Kinder),
  • größere Altersunterschiede zwischen den Kindern (>6 Monate),
  • enge Räumlichkeiten (<5m2),
  • zu hohe Betreuungsdauer (>30 h pro Woche)
  • niedrige päd. Qualität (d.h. wenig Zuwendung/ Feinfühligkeit, viele Anweisungen, häufige Aktivitätenwechsel).

(Metaanalyse von Vermeer & Van Ijzendoorn, 2010; Legendre, 2003; Gunnar et al., 2010)“

Quelle: „Geht eine immer frühere institutionelle Versorgung auf Kosten der Kinder?“, Dipl.-Psych. Dr. Monika Wertfein wissenschaftliche Referentin am Staatsinstitut für Frühpädagogik

Wie sieht im Vergleich dazu die Gesetzeslage nach dem Thüringer Kita-Gesetz aus?

ThürKitaG

Der aktuelle Fachkraft-Kind-Schlüssel in Thüringen, Quelle: ThürKitaG

  • zwischen 1 und 2 Jahren 1:6
  • bei den 2 bis 3jährigen bei 1:8
  • in der Realität meist schlechter, da die Personalausstattung auf die gesamte Kita berechnet wird, Fachkräfte oft nur in Teilzeit tätig sind, Öffnungszeiten über Schichtdienste abgedeckt werden müssen, Urlaub und Krankheit hinzukommen, Sondergenehmigungen für mehr Kinder bestehen…
  • Siehe zur Einordnung und zum Verständnis der Betreuung von 2jährigen „Krippenkindern“ in Kindergärten auch einen Passus der Thüringer Kita-Verordnung (wird weiter unten im Text zitiert) und deren z.B. in Erfurt nahezu flächendeckende Umsetzung.

Prof. Dr. med. Joachim Bauer Hirnforscher, Psychiater, Psychotherapeut und Bestsellerautor teilte mir auf meine Nachfrage in einer Email vom 23.04.16 zum aktuellen Thüringer Kita-Gesetz und der Thüringer Kita-Verordnung folgendes mit:

Sehr geehrte Frau Weismantel, besten Dank für Ihre Zeilen.

 Die Zeit nach dem zweiten Geburtstag und vor Vollendung des dritten Lebensjahres ist eine Übergangszeit: Die Kinder sind hier zwar kleingruppenfähig, brauchen aber nach wie vor zwingend immer wieder eine dyadische erklärende Ansprache.

Dem Gesetzestext [Thüringer Kita-Gesetz:]

„In der Regel sind altershomogene Kleinkindgruppen vom ersten Lebensjahr bis zu drei Jahren unter Einsatz der jeweils geltenden Personalschlüssel nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ThürKitaG zu bilden, um eine besondere und intensive Betreuung für die Kinder dieser Altersgruppe zu gewährleisten.“

kann ich so nicht zustimmen. Kinder unter 18 Monaten sind definitiv nicht „Kleinkindgruppen“-fähig. Zwischen dem 18. und 36. Monat kommt es m. E. sehr stark darauf an, dass 1. die Gruppen nicht zu groß sind (maximal 4-6) und dass 2. der Personalschlüssel so gestaltet ist, dass viel dyadisch interagiert werden kann.

„Sofern es der psychische, physische und geistige Entwicklungsstand eines Kindes in der Altersgruppe von zwei bis drei Jahren erlaubt, kann seine Betreuung in einer altersgemischten Gruppe von Drei- bis Sechsjährigen erfolgen.“ (aus der Kita-Verordnung)

würde ich zustimmen, wenn Kinder zwischen 24 und 36 Monaten gemeint sein sollten und wenn die Gruppen nicht zu groß sind (siehe oben). Etwa die Hälfte der Kinder werden den geforderten „psychischen, physischen und geistigen Entwicklungsstand“ allerdings in diesem Alter noch nicht haben.

Ich teile Ihre Sorgen.

Herzlichen Gruß
Joachim Bauer

Buchempfehlungen: Das Gedächtnis des Körpers: Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern , die Liste seiner Bestseller ist lang, siehe Amazon Autorenseite von Prof. Joachim Bauer

Wie kommen diese Experten zu Ihrer Meinung, dass die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren einen – aus der Thüringer Perspektive – vergleichsweise hohen Personalschlüssel und so kleine Gruppen verlangt? Standards, die durch die Thüringer Gesetzeslage besorgniserregend unterschritten werden.

„(…) Vor diesem Hintergrund wird die außerfamiliale Kinderbetreuung in den ersten Lebensjahren sehr kritisch beurteilt, was aber nicht unbedingt eine prinzipielle Ablehnung impliziert, sondern mit der Forderung nach einer äußerst hochwertigen, vollständig an den Bedürfnissen des Kindes orientierten Ausgestaltung der Betreuung einhergeht.
(…)
Dabei kann die an den Grundbedürfnissen des Kindes orientierte Beziehungsgestaltung als zentrales Kriterium für Betreuungsqualität herangezogen werden. Eine Betreuung, ob sie nun innerhalb oder außerhalb der Familie stattfindet, ist dann von hoher Qualität, wenn sie kindgerecht ist, (das heißt, wenn sie dem Kind wirklich gerecht wird), und das ist im Wesentlichen dann der Fall, wenn sich das Kind sicher und geborgen fühlen kann und die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten in einem geschützten Umfeld zu entfalten.“ KaKU3

Ein Eckpfeiler kindgerechter außerfamilialer Betreuung ist also die Beziehung (siehe auch Bindungsforschung). Bedingung für eine stabile tragfähige Beziehung ist neben hoher Professionalität vor allem die zeitliche Verfügbarkeit. Eine noch so professionelle und engagierte Fachkraft wird ohne ausreichende Zeit für individuelle, also dyadische Zuwendung und Interaktion, dem kindlichen Grundbedürfnis nach Bindung (bindungsähnlicher Beziehung) nicht gerecht werden können. Die Vereinbarkeit des Kindeswohls mit außerfamiliärer Kinderbetreuung ist bei andauernder mangelhafter zeitlicher Verfügbarkeit für individuelle Interaktionen der Bezugsperson mit jedem einzelnen Kind unter 3 Jahren somit nicht mehr gegeben.

„Eine frühe institutionelle Kinderbetreuung kann zum Risiko für die kindliche Entwicklung werden, wenn sie nicht die jeweiligen Entwicklungsbedürfnisse der Kinder berücksichtigt und eine dementsprechende Qualität vorhält.“

Quelle: „Geht eine immer frühere institutionelle Versorgung auf Kosten der Kinder?“ von Dipl.-Psych. Dr. Monika Wertfein wissenschaftliche Referentin am Staatsinstitut für Frühpädagogik

 „Beziehung ist wichtiger als Pädagogik“

„Vor allem in den ersten Lebensjahren, in denen die existenzielle Abhängigkeit des Kindes von erwachsenen Bezugspersonen immanent ist und das Überleben buchstäblich nur durch deren Fürsorge gesichert wird, kann die Bedeutung einer Sicherheit und Schutz bietenden Beziehung nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gerade für sehr kleine Kinder ist emotionale Zuwendung wichtiger als Pädagogik („Beziehung statt Erziehung“), was impliziert, dass BetreuerInnen in erster Linie Bezugspersonen sein müssen, zu denen das Kind Vertrauen hat. Eine unabdingbare Voraussetzung für das Wohlbefinden des Kindes in einer außerfamiliären Betreuungssituation, in der die vertrauten Bezugspersonen abwesend sind, bildet daher das Vorhandensein bzw. die Etablierung einer stabilen und tragfähigen Beziehung zu einer Betreuungsperson, sei es nun die Pädagogin in einer Kinderkrippe oder die Tagesmutter.

Diese Beziehung oder Bindung kann sich jedoch nur im gemeinsamen Miteinander entwickeln, sie erfordert Zeit und Bereitschaft der Betreuerin oder des Betreuers, um ein gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Neben der (…) Sensitivität [Feinfühligkeit], verbunden mit der Bereitschaft, sich auf das Kind einzulassen, müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhanden sein, damit eine Beziehung zwischen BetreuerIn und Kind wachsen kann. Vor allem in der Eingewöhnungsphase muss die Möglichkeit bestehen, dass eine bestimmte Betreuungsperson sich dem Kind in ausgiebiger Weise zuwenden kann, ohne dass die übrigen Kinder in der Gruppe dadurch einen Nachteil erleiden oder der/die BetreuerIn in einen Interessenkonflikt zwischen den Bedürfnissen der verschiedenen Kinder gerät. Aber auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Eingewöhnungsphase abgeschlossen ist, muss für die Betreuungsperson die Möglichkeit bestehen, sich dem Kind in angemessener, seinem aktuellen Bedürfnis entsprechender Weise zuzuwenden.

Eine ungünstige Gruppensituation mit vielen Kindern und wenigen BetreuerInnen in einer Gruppe lässt diesen Anspruch jedoch von vorneherein als überhöht und unrealistisch erscheinen und bringt die Betreuungspersonen leicht in Bedrängnis, wenn sie dennoch versuchen, jedem einzelnen Kind gerecht zu werden.“ KaKU3

 

Die für Kinder unter 3 Jahren offenkundigen Risiken für das Kindeswohl in Thüringer Kitas sind untragbar. Das Gleiche gilt für die Stressbelastung und die emotionale Zerreißprobe, die wir gerade den hochengagierten und qualifizierten pädagogischen Fachkräften zumuten. Dass dies kein akzeptierbarer und rechtlich auch kein vertretbarer Zustand ist, wird nicht zuletzt auch durch die Kinderrechte und dem dort formulierten Prinzip des Kindeswohlvorrangs in rechtlichem Kontext deutlich:
In der UN-Kinderrechtskonvention (in Deutschland gültige Rechtsnorm) Art. 3 Abs. 1 UN-KRK heißt es hierzu „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“
Im Art. 24 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta wird ebenso festgelegt „(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“

Zusammenfassend kann deshalb gefolgert werden, dass Thüringer Eltern alleine schon aufgrund der ungünstigen Fachkraft-Kind-Schlüssel und der zu großen Gruppen keine ausreichende Kita-Qualität nach wissenschaftlichem Stand der Forschung für Kinder unter 3 Jahren erwarten können. Die Wahrscheinlichkeit von Entwicklungsrisiken darf nicht weiter unter den Tisch fallen. Hier sehe ich alle Akteure in der Informationspflicht. Die Verantwortung für Erziehung und Schutz des Kindes vor Gefahren und Risiken weist das Grundgesetz den Eltern zu, Art. 6: „Pflege und Erziehung der Kinder
sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“. Aus diesem im Grundgesetz verankerte Erziehungsprimat leitet sich ab, dass Eltern alle die Betreuung betreffenden, notwendigen Informationen erhalten müssen, um ihre Pflicht, der elterlichen Verantwortung nachkommen zu können und im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Sinne des Kindeswohls entscheiden zu können. Wird Eltern weiterhin eine Risikoaufklärung vorenthalten, so ist dies praktisch der Entzug von im Grundgesetz verankerten Elternrechten und -Pflichten.
Sehr wohl ist mir bewusst, dass es früher schlechter war, jedoch ist dies angesichts der Unbestreitbarkeit der bestehenden Risiken kein zulässiges Argument, sondern eine anerkennenswerte und zu bedauernde Feststellung, welche die jetzigen Risiken für das Kindeswohl nicht mindert.

Aufgrund der in Thüringen gesetzlich festgelegten Rahmenbedingungen ist von vornherein der wichtigste Qualitätsfaktor, nämlich eine an den Grundbedürfnissen des Kindes orientierte Beziehungsgestaltung, selbst von hochmotivierten, engagierten und sehr gut ausgebildeten Fachkräften wohl kaum und dann auch nicht ohne die Inkaufnahme eigener gesundheitlicher Gefährdung zu leisten. Eine Zusammenschau der Kriterien guter Kita-Qualität finden sich im Positionspapier der Deutschen Liga für das Kind.

Dieser Zustand, einhergehend mit dem diesbezüglich viel zu niedrigen Informationsstand auf Seiten der Eltern UND auf Seiten der Fachkräfte, ist skandalös. Die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins und damit die Information der Eltern für potentiell entwicklungsschädliche Betreuungskonstellationen muss dringend erfolgen. Im nächsten Schritt gilt es einen Weg zur Bündelung aller Kräfte (Eltern, pädagogische Fachkräfte, Politik etc.) für eine gemeinsame, konstruktive Verbesserung der Kita-Qualität zu beschreiten. Für eine kindgerechte Kita-Qualität in Thüringen, für gute Entwicklungs- und Bildungschancen unserer Kinder.

Mir liegen weitaus mehr maßgebliche Quellen und Informationen vor, die bislang noch nicht in den obigen Text eingearbeitet wurden. Bei Interesse übersende ich Ihnen gerne eine ausführlichere Quellen- und Linkliste.

Hier ein gutes Interview mit der Leiterin des Staatsinstituts für Frühpädagogik: http://www.zeit.de/2016/28/kita-qualitaet-fabienne-becker-stoll/komplettansicht

 

 

Krippe im ersten Lebensjahr? – Nein!

Kurzmitteilung

Bindungsforscherin und Leiterin des Bayerischen Staatsinstituts für Frühpädagogik, Fabienne Becker-Stoll im Interview mit der FAZ

Ein Interview mit dem meine fachlich Sicht sehr übereinstimmt.

„Wie viel und welche Betreuung ist gut für mein Kind? Bildungsforscherin Fabienne Becker-Stoll erklärt Eltern, worauf sie achten sollten – und wie es um die Qualität deutscher Kitas bestellt ist.“

Hier eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen und Zitate:

  • 80% der Einrichtungen in Deutschland sind nur von mittelmäßiger Qualität.
  • Worauf Eltern z.B. achten sollten ist eine standardmäßig 4 bis 6wöchige Eingewöhnung
  • Eine gute Krippe / KITA erkennt man daran, dass „es ruhig und entspannt ist. Dass keine Kinder weinen, ohne getröstet zu werden. Die Kinder werden angelächelt. Und wenn ein Kind vormittags müde wird und eine Pause braucht, kriegt es die auch.“
  • In 1/3 der Einrichtungen gelingt es auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder liebevoll und prompt und angemessen zu reagieren = Qualitätskriterium!
  • Das ist die Voraussetzung für Bildung und Lernen, was in diesem Alter aber nur möglich ist, wenn das Kind sich in einer emotionalen Beziehung geborgen fühlt.
  • Übrigens kann es einem Kind nur so gut gehen wie seiner Bezugsperson!
  • „Der Punkt ist, dass Eltern ihr Kind rausholen müssen, wenn sie merken, dass die körperlichen und seelischen Grundbedürfnisse ihres Kindes in der Kita nicht beantwortet werden. Wenn die Abläufe nicht an den kindlichen Bedürfnissen ausgerichtet sind. Wenn es keine Bezugspersonen gibt, keine Eingewöhnung. Wenn man dort Kinder weinen lässt, dann ist das Alarmstufe rot. Dann müssen Eltern eine andere Betreuungslösung suchen. Auf keinen Fall: Augen zu und durch. Die Verletzbarkeit der Kinder in diesen ersten drei Lebensjahren ist einfach zu groß.“
  • „Das ist das vielleicht wichtigste Ergebnis unserer großen Qualitätsstudie: Kinder mit Migrationshintergrund brauchen exzellente Einrichtungen, um sich gut zu entwickeln. Bevor sie eine schlechte oder mittelmäßige Kita besuchen, bleiben sie besser zu Hause.“

Link zum Artikel

Gute KITA-Qualität in Zahlen

Kurzmitteilung

Die wichtigsten Eckpunkte für eine gute Qualität der außerfamiliären Betreuung

Anzahl der Kinder pro Erzieher(in) bzw. Tagespflegeperson:

  • Bei Kindern zwischen 1 und 3 Jahren ist ein guter Schlüssel 1:3 maximal 1:4
  • Bei Säuglingen unter 1 Jahr ist ein guter Schlüssel 1:2

(Im Gegensatz dazu sieht der aktuelle Schlüssel in Thüringen so aus:
zwischen 1 und 2 Jahren 1:6; bei den 2 bis 3jährigen bei 1:8
Quelle: ThürKitaG)

Anzahl der Kinder in der Gruppe

  • Bei Gruppen mit nur gleichaltrigen Kindern unter 2 Jahren sollten es maximal 6 Kinder sein (homogene Gruppen)
  • Bei 2-3jährigen Kindern sollten es maximal 8 Kinder (homogene Gruppe)
  • Bei altersgemischten Gruppen sollten es maximal 15 Kinder, mit maximal 5 Kindern unter 3 Jahren in der Gruppe sein

Quelle: „Deutsche Liga für das Kindhttp://www.fruehe-tagesbetreuung.de/ (Seite 10, direkter Link zum PDF)

Einführung eines Pflicht-Elternführerscheins

Kurzmitteilung

Der Staat als Erzieher: CDU-Politiker fordern „Elternführerschein“

Nun ja, ein medienwirksamer Aufhänger aber inhaltlich ist der Bericht durchaus sehenswert.

Neben vielen nützlichen Hinweisen und Angeboten enthält das Video eine äußerst wichtige Botschaft, nämlich das „beängstigende“ Ausmaß und die Folgen denen wir uns als Gesellschaft stellen müssen und die deutlich beziffert werden und damit hoffentlich wieder mehr ins Bewusstsein rücken: „20% (!) aller Kinder und Jugendliche haben Schwierigkeiten mit ihrer Entwicklung, Gesundheit und Bildung…“

Link zum Beitrag in der ARD-Mediathek

Fürs Leben verwöhnt

Kurzmitteilung

Wie Babys und Kleinkinder eine sichere Bindung entwickeln

„Ein Fundament, das man nie verliert“

 Karl-Heinz Brisch erforscht, wie Babys und Kleinkinder eine sichere Bindung entwickeln – und lehrt Eltern, worauf es in den ersten Monaten wirklich ankommt.
Quelle: „Einsichten. Das Forschungsmagazin der LMU“, Nr. 1/2013, S. 922 – 924,
Autorin Nicola Holzapfel

Einige weitere Zitate:

Ob ein Kind über eine sichere Bindung verfügt oder nicht, macht sich spätestens in der Krippe oder im Kindergarten bemerkbar. Kinder mit Bindungsproblemen sind nicht gruppenfähig und fallen entweder durch aggressives Verhalten auf, sie beißen und schlagen zum Beispiel, oder sie zeigen sehr starke Ängstlichkeit.

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„Bindung kommt vor Bildung“, sagt Brisch. Längsschnittstudien, bei denen Kinder von der Geburt an über mehrere Jahre immer wieder untersucht wurden, zeigen, dass bindungssichere Kinder kreativer, sprachbegabter und aufgeschlossener sind als Gleichaltrige, die nicht sicher gebunden sind. Auch ihre Gedächtnisleistungen sind besser. Sie können zudem mit Stress besser umgehen, es fällt ihnen leichter, schwierige Situationen zu bewältigen. Und sie können sich leichter in andere einfühlen und haben erfüllendere Freundschaftsbeziehungen.

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„Eine gute Betreuungsqualität lässt sich in einer Krippe nur dann sicherstellen, wenn das Betreuungsverhältnis bei eins zu zwei, höchstens eins zu drei liegt, je nach Alter der Kinder, das sagen die internationalen Studien.“

Link zum Artikel

 

DKSB fordert Rechtsanspruch auf Frühe Hilfen

Kurzmitteilung

  • Das Bundeskinderschutzgesetz von 2012 hat zwar die Hilfen in der frühen Kindheit als Soll-Vorschrift für alle Kommunen formuliert, dies greift nach Ansicht des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) aber zu kurz.
  • „Immer mehr Städte und Gemeinden sind aufgrund ihrer Finanzsituation nicht in der Lage, den dort lebenden Kindern und ihren Eltern die präventiven und leicht erreichbaren Angebote und Hilfen zur Verfügung zu stellen, die sie dringend benötigen.
  • Statt einer frühen Förderung und Unterstützung wird so allzu oft leider erst reagiert, wenn die Probleme schon zu groß geworden sind. Nicht zuletzt die steigenden Zahlen von Inobhutnahmen belegen dies eindrucksvoll“, führt Marlis Herterich aus.
  • Dass es aber auch besser gehen kann, dafür liefert der Kinderschutzbund in Köln gute Beispiele. Marlis Herterich: „Wir haben in Köln schon sehr früh erkannt, dass die beste Bekämpfung familiärer Gewalt darin liegt, ihre Ursachen frühzeitig zu erkennen und Hilfe dagegen anzubieten.“
  • Im Elterncafé, in Intensivgruppen und in der Einzelberatung zeigt sich immer wieder eindrucksvoll, dass ein feinfühliger Umgang mit Kindern (und damit auch gewaltfreie Erziehung) gelernt werden kann, wenn Eltern behutsam und ermutigend begleitet und unterstützt werden.
  •  Chancengerechtigkeit unabhängig von der sozialen Herkunft und dem Wohnort (müssen ermöglicht werden)

Quelle: OTS: Deutscher Kinderschutzbund e.V. vom 9.5.2014

 

 

http://www.dksb.de/Content/showvideo.aspx?news=215

Fachtag „Billige Kitas mit bester Qualität“ in Erfurt

Fachtagung „Billige Kitas mit bester Qualität?“ – wie ich sie erlebt habe

Diese Dokumentation habe ich nach der heutigen Tagung als meine Abendbeschäftigung angefertigt und da der Tag auch nach der Veranstaltung weiterging und mit Familienleben auch recht lange war, bitte ich die Unvollkommenheit des Textes zu entschuldigen. Ich wollte es heute noch abschließen, das war das erklärte Ziel und das habe ich geschafft. Es gilt der allseits beliebte Spruch: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Das gleiche gilt für Ausdruck und Zeichensetzung. Worauf ich jedoch viel Wert lege, dass ist die grundsätzliche Richtigkeit meiner Aussagen. Falls ich hier etwas falsch zitiert haben sollte, oder etwas in falschen Zusammenhang gebracht haben sollte, bitte ich um Rückmeldung und um Entschuldigung! Gerne bin ich auch bereit, Ihre persönlichen Dokumentationen aus z.B. den anderen Workshops hier einzufügen. Und noch ein letzter Hinweis: Kritik nehme ich persönlich, und zwar als persönliches Geschenk! Nutzen Sie die Kommentarfunktion dieser Seite – sie dürfen gerne dazuschreiben, ob Sie eine Veröffentlichung zustimmen, oder ob das Geschriebene nur für mich bestimmt ist.

Wer sich für ein persönliches Statement von mir interessiert, muss sich leider noch wenig gedulden.

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Die Moderation des Tages übernahm Bettina Löbl, Vorsitzende des TLfK e.V.. In ihren Ausführungen betonte sie unter anderem, dass der Thüringer Betreuungsschlüssel aktuell gut sei und Herr Minister Matschie stimmte ihr deutlich nickend zu. Nur im internationalen Vergleich fehle es vielleicht noch ein bisschen, fügte Frau Löbl an.

Im Anschluss betonte Herr Minister Matschie die entscheidende Bedeutung des öffentlichen Drucks durch das Volksbegehren, welches die Umsetzung des KitaG 2010 erst möglich gemacht habe. Trotzdem dürfe man sich nicht zurücklehnen! Man müsse im Gegenteil die weitere Verbesserung vorantreiben und er sieht hierfür folgende Hierarchie auf: 1. Ein ausreichendes Angebot müsse für die Eltern geschaffen werden [ausreichendes Platzangebot]. 2. Die Erzieher müssten nach Tarif bezahlt werden. 3. Die baulichen Standards müssten geschaffen werden und zuletzt (4.) könne man die Kita-Gebühren reduzieren. Herr Matschie betonte zudem, dass es frühkindliche Bildung nicht zum Nulltarif geben könne. Wir müssten unser System weiterentwickeln und besser machen und die Mitsprache der Eltern, sei eine wichtige Qualitätskontrolle für das Kita-System.

Studie Praxis Nov KitaG

Dr. Keikenbom, Geschäftsführer der Aproxima – Sozialforschung, stellte die Studie „Ein Blick in die Praxis nach der Novellierung des Thüringer KitaG 2010“ vor. Diese qualitative Studie stelle den Ist-Stand aus dem Blick der ErzieherInnen dar und welche Erfahrungen sie mit dem neuen Gesetz haben machen können. Einige der von ihm beschriebenen Probleme möchte ich hier nennen: Da wären insbesondere die strukturellen Probleme der Raumgestaltung, der fehlende Personalpuffer und damit der Wunsch mehr Zeit zu haben, der überall genannt worden sei, zu nennen. Zudem sei es fast unmöglich Dienstpläne und Arbeitsstunden mit der dünnen Personaldecke zu planen. Insgesamt würde eine große Belastung der Mitarbeiter zurückgemeldet. Leider erschloss es sich mir aus meinen Aufzeichnungen nicht mehr exakt in welchem Zusammenhang der folgende Satz stand: „Die Kinder unter drei Jahren müssen ein Stück weit vernachlässigt werden.“ Vielleicht hat jemand hier vollständige Aufzeichnungen und kann den Satz in einen logischen Zusammenhang bringen. Dafür wäre ich sehr dankbar!

Weiter führte Herr Keikenbom aus, dass bei Erziehern viel mehr als früher Mediationsfähigkeiten gefragt seien, die oft fehlten. Der Beratungsbedarf sei insgesamt gestiegen und oft würden viele Individualwünsche an die Fachkräfte gestellt. Dies müsse in der Weiterbildung eine größere Rolle spielen, da z.B. gerade die Tür- und Angelgespräche von besonderer Bedeutung für die Elternarbeit seien.

Das Thema Inklusion wurde ebenfalls behandelt, wobei die wichtige Grundlage, nämlich eine gewisse moralische Verfasstheit der Gesellschaft Erwähnung fand, auch wenn diese nicht in der Studie aufgegriffen wurde. Auch in diesem Bereich seien die fachlichen Fähigkeiten der Pädagogen nicht ausreichend, obwohl Integration und Inklusion heuten jeden träfen.

Zusammenfassend stellt Herr Keikenbom fest, dass die Herausforderungen an die Erzieher sehr groß seien. Insbesondere im ersten und zweiten Lebensjahr und im Bereich des gestiegenen Beratungsaufwandes in der Elternarbeit (Mediationskompetenz). Bildung beginne in den frühkindlichen Entwicklungsphasen.

Hier ist die komplette Studie zu finden: http://library.fes.de/pdf-files/bueros/erfurt/09820.pdf

Peter Häusler

Der nächste Redner war Peter Häusler vom TLfK e.V., der als Vertretung für Herrn Brychcy eingesprungen war und für dessen Redebeitrag ich äußerst dankbar bin. Beruflich sei er mitverantwortlich für das Gelingen von Investitionen als Qualitätsmanager in der Industrie. Dies lasse ihn natürlich auch mit einem wirtschaftlichen Blick auf die Kitas schauen. Wichtig beim Qualitätsmanagement sei vor allem die Identifikation der Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssten. Es müsse uns zunächst erst einmal klar werden, was wir wollen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sei da an erster Stelle genannt. Sie sei eine Forderung, die nicht zuletzt aus der Deutschen Wirtschaft komme. Des Weiteren sollten Kitas die Eltern bei ihrer Erziehungsleistung unterstützen, es also nicht schlechter machen, als es die Eltern selbst tun. Zum dritten und wichtigsten Punkt führte er das Problem der überforderten Eltern an. Es existiere kein einheitliches Wertesystem mehr in unserer Gesellschaft. Verunsicherte Eltern hätten verunsicherte Kinder, was durch die Erzieher aufgefangen und gemanagt werden müsse. Insbesondere Kinder aus Familien mit psychisch oder suchtkranken Eltern seien oft bindungsunfähig und Erzieher müssten in die Lage versetzt werden, damit umzugehen! Sie müssten in der Lage sein, mit diesen Kindern in Beziehung zu treten! Herr Häusler stellte noch einmal die Frage in den Raum, welche Rahmenbedingungen wir brauchen. Er wünsche sich solche Diskussionen in einem größeren Rahmen hier in Thüringen und er wünsche sich mehr Kommunalpolitiker, die sich mit der Thematik beschäftigten. Erst wenn man die Rahmenbedingungen kenne, erst wenn man die Anforderungen kenne, könne man investieren und nicht umgekehrt. Investitionen, die ohne die Kenntnis der Anforderungen getätigt würden, nenne man in der Wirtschaft dann zumeist Fehlinvestitionen.

Auszüge aus den Berichten der Workshops

Workshop 1: Rechtsanspruch, Wunsch oder Wahlrecht – Hirngespinst oder Realität?

Das Gesetz sei an vielen Stellen suboptimal. Es würden z.B. Langzeiterkrankungen wurden beklagt. Dies würde keine Berücksichtigung in der Personalplanung finden, was jedoch nicht gesetzeskonform sei. Die Personalausstattung müsse höher sein. Die Gruppengrößen seien zudem im Gesetz leider nicht geregelt. Es käme vor, dass 20 und mehr Kinder einschließlich Kleinkinder in einer Gruppe betreut würden. Auch sei die Betreuung durch Tagesmütter nicht im Gesetz geregelt.

Workshop 2: Schluss mit Gebührendickicht und überzogenen Kitagebühren – sind gebührenfreie Kita’s eine unterstützenswerte Forderung?

Ja, aber die mind. Qualitätsstandards müssten gesichert und gehalten werden. Die Forderung einer kostenfreien Kita sei eher plakativ zu verstehen. Das Fachkräftegebot: gute Bezahlung nach TVÖD sei die notwendige Wertschätzung und 70% der Träger würden 10% unter TVÖD zahlen. Wörtliches Zitat: „Warum müssen wir (Eltern) darum betteln, dass Erzieher angemessen bezahlt werden?“, Vision: Gebührenfreiheit.

Workshop 4: ElternMitWirkung – wenn Eltern mehr als nur Kuchen backen wollen

Als Hauptproblem wurde hier die Kommunikation herausgearbeitet. Des Weiteren wurde auch hier der Betreuungsschlüssel thematisiert und eine sehr eindringliche Andeutung gemacht, dass in diesem Workshop äußerst „schwierige Berichte“ aus der Praxis dargelegt wurden, denen dringend nachgegangen werden müsse [Einzelfälle?!].

Workshop 5: Inklusion auf Teufel komm raus – Fluch oder Segen

Die Rückmeldung auch hier: Fehlende gut ausgebildete Fachkräfte, aber ein Problembewusstsein dafür.

Workshop 6: Wozu ausgebildete Fachkräfte in Kitas und warum so viele?

– Schlechte Ausbildung an den Fachschulen, die zum Teil „jeden Schüler durchziehen“ aus finanziellen Gründen; fehlendes Praktikum am Anfang der Ausbildung, wodurch keine Eignungsprüfung stattfinden kann; Vorschlag: Fachkräfte aus der Praxis als Lehrende an die Schulen, wobei das kaum umsetzbar sei.

– Personalmangel bei der Praxisbetreuung der Auszubildenden

– Weiterbildungsveranstaltungen seien oft „Bummiveranstaltungen“ [qualitativ minderwertig, warum wird das so hingenommen? Qualiätsmanagement?]

– Kompetenzweitergabe und Kompetenzgefälle: Fehlender fachlicher Austausch der Kitas.

– Konflikte im Team werden auf den Rücken der Kinder ausgetragen. Fehlende Angebote von Supervision?!

– Personalausstattung ist noch nicht ausreichend

– Krankenstand, insbesondere Langzeitausfälle werden nicht durch die Träger abgefangen (nicht gesetzeskonform), obwohl der Schlüssel im Schnitt immer eingehalten werden müsse. Hinweis auf die Möglichkeit der Überforderungsanzeige

– Die Mindestpersonalbesetzung wird zur Normalität. Das Personal müsse ständig nachreguliert werden, was im schlimmsten Fall einen ständigen Betreuungswechsel bei den Kindern zur Folge hätte, da wird’s „kriminell“

– Kritik an der Landesfachberatung: Diese käme aus dem Schulbereich und nicht aus der Kita. Konzeptionen würden nur auf dem Papier geprüft.

Teilnahme am Workshop 7: Familienförderung und Elternbildung – vernachlässigt, überflüssig oder überfällig?

Denny Möller JHA-Vorsitzender Erfurt, Prof. M. Rißmann (FH-Erfurt), R. Schmack-Siebenlist-Hinkel (Kuratorin der Stiftung Familiensinn)

Prof. Rißmann führte kurz einleitend aus, dass Eltern heute sehr viel mehr unter Druck stünden und verunsichert seien. Sie seien einer hohen Belastung ausgesetzt und litten selbst unter Zeitnot bei der Erziehung, laut Familienreport 2010. Insgesamt sei der Soziale Wandel der letzten 20-30 Jahre rücksichtslos gegen die Eltern gewesen, dies sei eine Tatsache! Eltern hätten jedoch ein großes Vertrauen in die Kitas, weswegen schwierige Eltern nun dort abgeholt werden sollen. Frau Prof. Rißmann erläuterte kurz ihr eigenes Projekt, die „Eltern-Kind-Zentren“, was aller Voraussicht nach wohl aber leider nur ein Modellprojekt bleiben wird. Insgesamt wurde beklagt, dass es gute Konzepte, Weiterbildungen und Modelle für den Bereich der Familienförderung und Elternarbeit gäbe, die jedoch kaum bekannt seien, bzw. nirgends zentral zur Verfügung stünden. Frau Schmack-Siebenlist-Hinkel machte hierbei das konkrete Angebot, auf der Homepage der Stiftung Familiensinn unter Wissenswertes einen Pool von guten Angeboten anzulegen. Jeder, der ein Angebot, eine Weiterbildung etc. empfehlen könne, sei aufgefordert die Information per Email oder auch per Telefon an die Stiftung weiterzugeben. Zusätzlich wurde aber der Wunsch nach einer Fachtagung zur ausführlichen Vorstellung solcher Ansätze deutlich. Einige Beispiele für gute Ansätze seien hierbei „Parents as Teacher“, „Marte Meo“ [sehr ähnlich dem SAFE-Ansatz] und die Ausbildung zum „Elternberater“. Insbesondere die Ausbildung zum Elternberater sei wegen des großen Selbsterfahrungsanteils sehr beliebt und bereichernd für Kitas. Sehr schnell wurde auch deutlich, dass aber der Transfer in die Arbeit, die Überführung in die Normalität ein großes Problem darstellt, da eine einzige fortgebildete Erzieherin hierfür nicht ausreiche. Insgesamt fehle es an der Zeit und den Ressourcen in den Einrichtungen, um adäquate Weiterbildungen flächendeckend zu gewährleisten. Dass Erzieher selbst zahlten und die Veranstaltungen in ihrer Freizeit besuchten, sei kein akzeptabler Zustand, jedoch vielerorts Realität. Weiterhin könnten auch gut ausgebildete Erzieher den Anforderungen an die Elternarbeit, der im Bildungsplan festgeschrieben sei, nämlich als das Eingehen einer Erziehungspartnerschaft mit den Eltern nicht erfüllen, da ihnen schlichtweg die Zeit dafür fehle.

Zusammenfassung Workshop 7 und Ende der Veranstaltung

Angebote seien im Land nicht ausreichend bekannt. Keine Verstetigung guter Angebote, sondern meist nur Projektcharakter. Denny Möller nutzte die Gunst der Stunde und appellierte an die Fachkräfte in den Einrichtungen, sich nicht auf das Engagement von Eltern oder Politik zu verlassen, da diese nur bis zu einem gewissen Grade und aus eigenen Beweggründen für sie eintreten würden. Die einzigen, die die notwendigen Verbesserungen an der Situation der ErzieherInnen bewirken könnten seien sie selbst. Er empfahl dringend, sich in Gewerkschaften oder anderweitig zu vernetzen und sich für das eigene Wohl zu engagieren! Dies kann ich nur eindringlich unterstützen!